Mithaftung der Betreiber von Facebook-Fanpages wegen Datenschutz

Neben der zu beachtenden DSGVO hat der Europäische Gerichtshof eine gemeinsame Verantwortung von Fanpage-Betreibern für die bei Facebook zu vermutenden Daten­schutz­ver­let­zun­gen bejaht. So gut der Entscheid für den Datenschutz sein mag, müssen sich Fanpage-Betreiber auf Rechtsunsicherheiten einstellen.

Entscheidung des EuGH

Mit seinem Urteil vom 05.06.2018 (C-210/16) hat der Europäische Gerichtshof Betreiber von Facebook-Fanpages in die gemeinsame Verantwortung mit dem Plattformbetreiber für Datenschutzverstöße genom­men. Die Fanpage-Betreiber mögen zwar nur einen Zugriff auf anonymisierte Daten haben. Der Gerichtshof argumentiert mit einem umfassenden Rechtsschutz: Die Fanpage-Betreiber partizipieren und ermög­li­chen die möglichen Datenschutz­ver­letzungen, weil sie die Betroffenen auf ihre Seite lenken. Würde die Rechtspraxis gerade bei verbreiteten Facebook-Nutzungen eine Ausnahme machen, würde eine erhebliche Lücke entstehen. Vor allem die demografischen Daten wie Angaben zu Alter, Geschlecht, Beziehungsstatus und beruflicher Status ermöglichen den werbetreibenden Unternehmen ein effektives Targeting.

Reagiert Facebook?

Bislang verfolgte Facebook die Strategie, sich auf eine Unzuständigkeit zu berufen oder Rechts­streitigkeiten auf andere Weise auszusitzen. Wegen der vom EuGH festgestellten gemeinsamen Ver­ant­wortung sieht Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwenke wegen des nun anstehenden „riesigen Exodus“ von Mit­glie­dern wie auch zahlenden Unternehmen die Möglichkeit einer Verhaltensänderung bei Facebook. Weil der Plattformbetreiber sich erst 10 Tage nach dem Entscheid und nur in der Form der Ankündigung von Änderungen äußerte, ist es zweifelhaft, dass er seine Datenverarbeitungen und vor allem die Datenwei­ter­gaben offenlegen wird.

(siehe die Erklärung von Face­book: https://de.newsroom.fb.com/news/2018/06/ein-update-fuer-betreiber-von-facebook-seiten/)

Umgang mit der Rechtsunsicherheit

Natürlich stellt sich Fanpage-Betreibern die Frage, wie sie mit dieser Rechtsunsicherheit umgehen sollen. Der EuGH hat zwar nur abstrakte Vorlagefragen beantwortet; die eigentliche Entscheidung muss nun das Bundesverwaltungsgericht fällen. Rechtsanwalt Stephan Dirks hofft darauf, dass das wieder zuständige Bundesverwaltungsgericht die Datenschutzbehörde verpflichtet, sich im Rahmen ihres Auswahl­ermessens zuerst an Facebook zu wenden. Thomas Schwenke deutet in diesem Zusam­men­hang zutreffend an, dass Facebook erfahrungsgemäß nicht auf die Forderungen der Daten­schutz­behör­de reagiert und somit eine Bestätigung der ge­mein­samen Verantwortung durch das Bundes­verwal­tungs­gericht einzuplanen ist.

Unabhängig davon ist wie bei der DSGVO die Gefahr von Abmahnungen in Betracht zu ziehen. Vorzeitig seine Fanpage einzustellen wird aus wirtschaftlichen Erwägungen keiner tun. Abmahnanwälte müssen aber nicht den Abschluss des oben erwähnten Verwaltungsrechtsstreits abwarten. Vor diesem Hinter­grund spricht Schwenke auch nur eine „persönliche“ Empfehlung aus, die Entscheidung des Bundesver­waltungs­gerichts abzuwarten. An weiterer Stelle seines umfangreichen Beitrags erwähnt er einen in Höhe von 5.000,00 € einzukalkulierenden Risiko­posten. Rechtsanwalt Niko Härting sieht für Abmahnanwälte höhere Hürden und verneint die Abmahngefahr, weil der EuGH Datenschutz­ver­letzungen von Facebook lediglich unterstellt hat, aber noch nicht konkret feststellen konnte. Zudem liest Härting den Begriff der „gemeinsamen Verantwortlichkeit“ nicht als eine „Verant­wort­lichkeit in gleichem Maße“. Die unterschiedlichen Aussagen sollen veranschaulichen, dass eine abschließende Empfehlung zum jetzigen Zeitpunkt unmöglich ist. Zumindest bleiben die Aktivitäten von Abmahnan­wäl­ten zu beobachten.

Weitere Vorkehrungen

Ferner stellt sich die Frage, ob Fanpage-Betreiber weitere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen können. Härting empfiehlt die Integrierung der Datenschutzinformationen in die Fanpage, ohne jedoch zu sagen, wie diese Erklärung aussehen soll. Schwenke wird in seinem Facebook-Post konkreter, hat darüber hinaus eine Aktualisierung seines Daten­schutzgenerators angekündigt. https://www.facebook.com/raschwenke/posts/1642517982531048

Dass der EuGH innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der für die DSGVO geltenden Wartefrist dieses bahnbrechende Urteil erlässt, lässt eine gewisse Unsensibilität hinsichtlich der Überforderung der Bürgerinnen und Bürger mit der Datenschutzreform vermuten. Weil die Verletzung persönlicher Daten aber kein Kavaliersdelikt ist, im schlimmsten Fall sogar zu demokratiegefährdenden Wahlergebnissen führen kann (siehe etwa die Präsidentschaftswahl in den USA), ist das Urteil – bei all den damit verbundenen Unannehmlichkeiten – als mutig und wahrscheinlich auch als wichtig einzustufen. Ob sich Facebook nun endlich zu einem transparenteren Verfahren bewegen wird, bleibt abzuwarten. Zum Bestehen einer Abmahngefahr gibt es keine belastbaren Aussagen. Die Integrierung der eigenen Datenschutzerklärung auf die eigene Fanpage wird empfohlen.

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Alexander Koch | Stand 03.07.18