Im rechtlichen Sinne gibt es sie nicht, im wirklichen Leben sind sie jedoch sehr beliebt: die »Festen Freien« in Agenturen oder Verlagen. Doch die Konstruktion hat ihre Tücken.
Nicht wenige unserer Beratungen für AGD-Mitglieder handeln von der Zusammenarbeit zwischen Designbüros oder Agenturen und freien Designern. Gerade für Berufsanfänger mit einem noch kleinen Kundenstamm ist es häufig attraktiv, als sogenannte »feste Freie«, also als freie Mitarbeiter, für eine Werbeagentur tätig zu sein. Man arbeitet dort mit Kollegen, muss sich weder mit ungeliebter Akquisition noch direktem Kundenkontakt abmühen, außerdem kommen die Aufträge und deren Vergütung mehr oder weniger regelmäßig.
Auch für die Inhaber von Designbüros und Werbeagenturen sind freie Mitarbeiter attraktiv. Sie helfen, Auftragsspitzen zu bewältigen, oder können mit ihrem speziellen Know-how in einem selten benötigten Teilbereich weiterhelfen. Problematisch kann die Zusammenarbeit werden, wenn sie auf Dauer angelegt ist.
Selbstständig heißt selbst und ständig
Den »festen Freien« gibt es im rechtlichen Sinne nicht. Die Formulierung wird verwandt, um formal freie, aber de facto wie Angestellte tätige Mitarbeiter zu bezeichnen – die klassischen Scheinselbstständigen. Die Beschäftigung von »festen Freien« ist rechtlich bedenklich, da der Auftrag-/Arbeitgeber im Falle einer Prüfung Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen muss, im Extremfall wird er sogar strafrechtlich belangt. Eine Scheinselbstständigkeit liegt nahe, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sind:
- Fünf Sechstel des Umsatzes oder der Arbeitszeit werden für nur einen Auftraggeber erbracht
- Der Auftraggeber lässt vergleichbare Arbeiten regelmäßig durch eigene Angestellten erledigen.
- Beim Auftragnehmer sind keine »unternehmertypischen« Merkmale erkennbar, also keine Eigenwerbung, kein regelmäßiger Bürobetrieb in eigenen Räumen und mit eigener Technik etc.
- Der freie Mitarbeiter ist als Einzelkämpfer tätig, hat selbst also keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
- Das Ausüben der gleichen Tätigkeit für einen Auftraggeber, bei dem man zuvor angestellt war.
Weitere Anhaltspunkte für eine Scheinselbstständigkeit sind die regelmäßige und zeitlich abgestimmte Anwesenheit beim Auftraggeber über einen längeren Zeitraum, die Mitwirkung an mehreren zeitgleich ablaufenden Projekte, ein eigener Büroschlüssel und das ausschließliche Nutzen der beim Auftraggeber vorhandenen Technik.
Es gibt eine verwandte, rechtlich unbedenkliche Form, der Status als »arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger«, der sogar mit der Geschichte der AGD verknüpft ist: Sie wurde als Arbeitsgemeinschaft arbeitnehmerähnlicher Grafikdesigner gegründet. Diese erfüllen durchaus mehrere der o. g. Merkmale, zahlen aber ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung selbst in voller Höhe ein. Sinnvolle Ausnahmen gibt es für Berufsstarter innerhalb der ersten drei Jahre und Kollegen, die älter als 58 sind – hier lohnt sich eine vertiefende Information beider Seiten. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass auf alle Netto- Rechnungsbeträge selbstständiger Designer eine Künstlersozialabgabe zu entrichten ist. Sie ist vom Inhalt der Rechnung unabhängig und darf vom freien Designer nicht zurückverlangt werden. Am besten und sichersten ist es für beide Seiten natürlich, wenn sie ihre Zusammenarbeit mit einen ordnungsgemäßen Werkvertrag regeln.
Wer alles gibt, hat nichts
Der zweite juristische Aspekt betrifft die Urheber- und Nutzungsrechte. Wir erleben in unseren Beratungsgesprächen immer wieder, dass gerade Werbeagenturen von ihren Auftragnehmern sämtliche Urheberrechte einfordern, was nicht so fachkundig ist, weil die Urheberrechte in Deutschland nicht veräußerbar sind. Gemeint sind wohl die ausschließlichen Nutzungsrechte, denn wenn eine Agentur Designleistungen einkauft, dann um sie ihren Kunden weiterzuveräußern – nur dann ist die Beschäftigung eines externen Designers sinnvoll.
Das hat für die Agentur noch einen Vorteil, denn »ausschließlich« bedeutet, dass der Auftragnehmer seine eigenen Arbeiten ohne die Genehmigung durch die Agentur nicht für seine Eigenwerbung nutzen darf. Und Agenturen und Designbüros haben selten ein Interesse daran, dass ihre Kunden erfahren, wer das Design gemacht hat. Aus diesem Grund kann es für einen Auftraggeber sinnvoll sein, sich zusätzlich von etwaigen Namensnennungspflichten entbinden zu lassen.
Leistung muss sich wieder lohnen
Mit dem Weiterverkauf von Designarbeiten ist ein kaufmännischer Aspekt verknüpft, denn der ist nur sinnvoll, wenn Gewinn erzielt wird. Der freie Designer muss daher mit deutlich geringeren Stundensätzen kalkulieren, als wenn er selbst und direkt für einen Endkunden arbeitet. Bei der Arbeit in den Räumen und mit der Technik des Auftraggebers ist das zwar begründbar, dennoch müssen die Einnahmen des freien Designers so kalkuliert sein, dass sein eigener Bürobetrieb mitfinanziert wird. Pauschale Stundensätze lassen sich hier nicht nennen, die individuellen Umstände sind auf beiden Seiten zu unterschiedlich.
Normalerweise ist die Zusammenarbeit eines Designbüros mit einem externen Designer befristet. Wird sie dauerhafter, kann ein Grund sein, dass ein freier Mitarbeiter unproblematischer als ein angestellter ist. Zum einen sind die Ausgaben wegen entfallender Sozialabgaben niedriger, zum anderen gilt das Arbeitsrecht nicht. Fällt ein Kunde aus, gibt es finanzielle Rückgänge oder Rezessionen, lässt sich die Zusammenarbeit mit einem Auftragnehmer in der Regel leichter beenden als mit einem Angestellten. Daher sollten sich Selbstständige niemals auf ihrem Status als feste Freie ausruhen, sondern zeitgleich eigene Endkunden akquirieren.
Zum Schluss noch eine Eigenart unserer Branche: Viele Agenturen begleichen erst dann die Rechnung freier Mitarbeiter, wenn die Endkunden gezahlt haben. Da Werbeagenturen ihre Rechnung oft dann erst stellen, wenn ein Projekt komplett abgeschlossen ist, kann es einige Monate dauern, bis die Freien ihre Vergütung erhalten. Wir raten bei großen und langwierigen Aufträgen dazu, unbedingt Abschläge zu vereinbaren, die bei Erbringen bestimmter Leistungen oder zu einem definierten Zeitpunkt gezahlt werden.
Autor: Andreas Maxbauer