Briefing gleich Auftrag?

Text und Foto von Christhard »Otto« Landgraf, Veröffentlicht am 25. Juli 2018

»Der Auftraggeber will meine Arbeit nicht bezahlen. Er hat mich so schlecht gebrieft!«

Was ist dran an dieser Aussage? Damit es wenigstens zwischen uns, liebe Leserin, lieber Leser, keine Missverständnisse gibt, schauen wir uns als erstes den Begriff Briefing an.

Das Wort Briefing ist ein Anglizismus und stammt aus der Militärsprache. Dazu sagt das Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart (DWDS):


Bedeutungen:
1. (besonders) Militär kurze (Lage)besprechung; Einweisung
2. Schriftstück, Informationsgespräch zwischen Werbefirma und Auftraggeber
3. Informationsgespräch, kurze Konferenz

Verwendungsbeispiele:
Brief heißt auf Englisch so viel wie kurz angebunden, schroff, ein Briefing ist typischerweise eine militärische Anordnung. Quelle: Die Zeit, 05.06.2000, Nr. 23


Damit ist eigentlich alles gesagt: Briefing – kurzes Informationsgespräch zwischen Designer und potentiellem Auftraggeber. Aber Designer unterscheiden sich von reinen Befehlsempfängern.

Über das Briefing zum Auftrag

Ein Briefing ist in den seltensten Fällen eine Auftragserteilung, sondern die (kurze) Information über entscheidende Eckpunkte der zu leistenden Arbeit. Im Allgemeinen sind es die Unternehmensziele (z. B. besseres Image) des Auftraggebers, die erreicht oder im Speziellen welche (Design-)Leistungen (z. B. Anfertigen einer Illustration) erbracht werden sollen.

Der Designer erhält damit die Orientierung (Marschrichtung), wie er die Lösung kreativ umsetzen könnte. Braucht der Designer mehr Informationen, wird er sie sich über Rückfragen (Rebriefing) vom Auftraggeber holen. Erst wenn der Designer über alle Informationen vom potentiellen Auftraggeber verfügt, ist er in der Lage ein belastbares Angebot zu erstellen. Das heißt, er kann erst jetzt den konkreten Umfang seiner Leistungen ermitteln. Diesen schlüsselt er in einem detaillierten Angebot auf und benennt die Mitwirkungsleistungen, die der Auftraggeber zur Erfüllung beisteuern muss.

Konkrete Beispiele, wie Angebote aufgebaut sind, findet ihr zu verschiedenen Designsparten und zu verschiedenen Leistungen unter Beispielkalkulationen.

Aus einem kurzen Informationsgespräch (Briefing) einen pauschalen Preis aufzurufen, ist vom Designer grob fahrlässig.
Er bringt nicht nur sich, sondern auch den Auftraggeber in Teufels
Küche. Warum? Beide haben unterschiedliche Vorstellungen von der
Leistung, die vom Designer, und der Mitwirkung, die vom Auftraggeber
erbracht werden soll. Damit gibt keine Basis für eine
Leistungserbringung. Die Folge: Jeder ist frustriert, es gibt Streit.

Fazit 1: Briefing aufnehmen – verstehen, d. h. hinterfragen – sein
Verständnis dem AG mitteilen, offene Fragen klären – Angebot schreiben.

Zielbestimmung für komplexe Projekte

Für komplexe Projekte kann der Aufwand, um ein Angebot zu erstellen, den für ein normales Angebote weit überschreiten. Ein Beispiel: Interface für eine komplexe Nutzerführung mit verschiedenen Rollen und Funktionen.

In diesem Fall sollte man einen Schritt weitergehen und aus dem Briefing ein Lastenheft in Zusammenarbeit mit dem Kunden entwickeln. Im Lastenheft, dem Anforderungskatalog an die Designleistungen, sind die vom Auftraggeber festgelegten Forderungen an das Objekt und die Dienstleistung konkret und detailliert festzulegen. Das Lastenheft ist damit die konkrete, ausführliche Umsetzung und Weiterführung des Briefings.

Mit dem daraus folgenden Pflichtenheft akzeptiert der Designer das
Lastenheft und beschreibt, wie und mit welchen Mitteln er die
Anforderungen aus dem Lastenheft realisieren will. Das Pflichtenheft sollte Grundlage und Bestandteil des Angebotes sein.

Die Mitarbeit am Lastenheft und die Erstellung eines Pflichtenheftes
sollte man sich vergüten lassen. Orientierung dabei bietet der VTV.

Fazit 2: Komplexe Projekte benötigen eine detaillierte Beschreibung
der Aufgaben durch den Auftraggeber. Der Designer sollte dabei seine
Unterstützung anbieten.