Künstlerische Intelligenz – zum Einsatz von KI im Design

Webkonferenz des BMJV „New Designs, New Designs – Design Law in the Face of New Technologies” im November 2020

Schutzrechte basieren auf der Grundlage kreativen Schaffens. Künstliche Intelligenz ist mitt­ler­weile so ausgereift, dass sie auch in kreative Schaffensprozesse vorgedrungen ist. Im Rahmen der europäischen Ratspräsidentschaft hat das Bundesjustizministerium Ende November 2020 die Webkonferenz „Design Law in the Face of New Technologies“ ver­an­staltet. Hierzu eine Zusammenfassung mit einzelnen Anmerkungen.

Einführung

In letzter Zeit ist zu beobachten, dass künstliche Intelligenz (KI) sich in kreativen Schaffens­prozes­sen nicht auf die Rolle von Werkzeugen beschränkt, sondern auch Gestaltungs­leis­tungen über­nehmen kann. Aufsehen erregte das durch künstliche Intelligenz hergestellte und im Oktober 2018 bei Christie´s versteigerte Gemälde „Portrait of Edmond de Belamy.“ Die Arbeit basierte auf einem Datenset von 15.000 Portraits.[1] Das Aufkommen auto­ma­tisierter Gestaltungsprozesse hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucher­schutz (BMJV) im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft als Anlass für eine Webkon­fe­renz Ende No­vem­ber 2020 genommen.

Bei dem Input erwähnt Andreas Läufer (MetaPulse) beispielhaft durch Computer ge­ne­rier­tes Modedesign, Algorithmen für Musikompositionen, das Kreieren künst­licher Gesichter oder Stimmen. Bei der Produktion eines Stuhldesigns Produkt­design verweist er auf die Kooperation Philippe Starcks mit dem Software­her­steller Autodesk.[2] Am Beispiel einer Nutella-Kam­pag­ne, bei der jedes Glas individuell gestaltet wurde, bot sich auch der Einsatz von KI an.[3]

Die Unterschiedlichkeit der Anwendungsgebiete zeigt, dass es nicht die eine Form von KI-Design gibt. Das mag schon auf den schillernden Begriff der „Künstlichen Intelligenz“ zurück­zuführen zu sein. Nach dem Turing-Test ist entscheidend, ob ein Empfänger erkennen kann, dass ein Mensch oder lediglich eine Maschine mit ihm kommuniziert. Weil dieses Unterschei­dungs­kriterium den fortschreitenden Anforderungen angepasst werden muss, ist ein Ende der Diskussion noch nicht in Sicht. Aber auch der Design-Begriff ist nicht abschließend geklärt, weil der sich entweder auf die reine Gestaltung beschränkt oder auch Aspekte des Designprozesses berücksichtigt. Mit dem Vormarsch von KI in Gestaltungsprozesse stellen sich juristische Fragen – insbesondere hinsichtlich der Autorenschaft.

Entstehung eines Rechtsschutzes bei KI-Design?

Eine Autorenschaft in der KI selbst ist mangels Rechtsfähigkeit zu verneinen. Lehnt man bei Affen-Selfies einen Schutz ab, so ist dieser erst recht bei Maschinen zu verneinen.[4] Die Diskutanten gingen aber von einer Schutzfähigkeit weiterer Beteiligter aus. Dr. Alexander Bulling (Patent­anwalt) sieht diejenigen geschützt, die für die Umsetzung entscheidenden Vorgaben machten. Der Designprozess begrenze sich nicht auf die Gestaltung, sondern bestehe vor allem in der voraus­gehenden Problemlösung. Die Umsetzung sei der zweite Schritt. Andreas Läufer sieht dagegen das Bedürfnis für einen Investitionsschutz und somit den das Schutzrecht beim Programminhaber, weil die Anwendung von KI im Design noch sehr kostenträchtig ausfallen könne. Wie bei der Vielzahl der Nutella-Verpackungen sieht er jedoch ein Problem in einem Blockieren fremder Gestaltungsprozesse. Überspitzt gesagt: Ein russischer Hacker könnte auf der Grundlage von KI eine Vielzahl von Designs erstellen und andere Designer dementsprechend abmahnen (Spam-Designs). Dem hält Elisabeth Fink (EUIPO) entgegen, dass der Hacker eine Vielzahl von Design­anmel­dungen finanzieren müsste. Hierzu muss man kritisch anmerken, dass der Hacker auf diesem Wege Designs das Merkmal der Neuheit nehmen könnte,[5] was zu einer Entwertun späterer Designs führen kann.

Wer ist Rechteinhaber?

Weil alle Beteiligten von einer Schutzfähigkeit ausgehen und Maschinen gerade keinen Rechts­schutz genießen, stellt sich weiter die Frage, wem das erwachsende Schutzrecht zu­ste­hen soll. Als mögliche Begünstigte werden aufgezählt: Hersteller von Vorlagen, Program­mierer, Programmanwender, Inhaber des KI-Tools, Investor, Anmelder des Designs. Dr. Jan Peter Hei­den­reich (Rechtsanwalt bei der Kanzlei Harmsen Utescher) hielt bei der Frage das finan­ziel­le Risiko für entscheidend und sieht somit die Rechteinhaberschaft beim Investor bzw. beim Inhaber des KI-Tools. Elisabeth Fink stellte dagegen auf den Anmelder ab. An dieser Stelle ist anzu­merken, dass die Diskutanten nur das Designrecht, das von einer leichteren Über­trag­bar­keit der Rechteinhaberschaft geprägt ist, vor Augen hatten. Das schärfere Urheberrecht behan­del­ten sie dagegen nur oberflächlich.

In dem Kontext stellte sich auch die Frage, inwiefern wiedergegebene Persönlichkeiten einen Schutz genießen. Die von Andreas Läufer genannten Beispielen technisch konstruierter Fake-Portraits oder die Programmierung künstlicher Stimmen (Bsp: Alexa) ließ kurz den Geist von Frankensteins Geschöpf durch die Runde wandeln. Dr. Jan Peter Heidenreich ging davon aus, solange die Gefahr des Wiederkennens einer Person ausgeschlossen werden könne, bestehe auch kein Persönlich­keits­recht. Ob der Erschaffer einer künstlichen Persönlichkeit selbst einen Rechtsschutz genießt, blieb noch unerwähnt.

Sind Kreative in der Zukunft noch notwendig?

Bei all der Technik kam natürlich die Frage auf, ob Designerinnen und Designer in Zukunft noch benötigt würden. Virginia Foussoul (EU-Kommission) stellte richtigerweise darauf ab, wel­chen Gestaltungsspielraum die Software den Kreativen einräumt. Hier wird es darauf an­kommen, ob die KI nur als besseres Werkzeug dient oder schon gestalterische Ent­schei­dungen über­nimmt.

Die Webkonferenz vermittelte den Eindruck, dass die Diskussion noch am Anfang steht. Allein die Definition der künstlichen Intelligenz wird sich mit der Fortentwicklung der konkreten Tools verfestigen. Desig­ne­rinnen und Designer sollten bei den sich ankündigenden Entwicklungen nicht resig­nie­ren. Verbesserte Tools können auch neue Anwendungsgebiete mit sich bringen. Sie müssen sich aber darauf einstellen, dass zeitaufwendige Gestaltungen in Zukunft durch KI ersetzt werden. Zudem müssen sie bei der Bestimmung eines Rechtsschutzes – insbesondere bei der Fest­stel­lung der urheberrechtlichen Schöpfungshöhe – damit rechnen, dass Algo­rith­men die Erstellung von Standard-Designs übernehmen werden.

Alexander Koch | AGD-Justiziar | Berlin, 22.12.2020


[1] https://www.heise.de/newsticker/meldung/KI-druckt-Kunst-Auktionshaus-Christie-s-versteigert-KI-Gemaelde-fuer-380-000-Euro-4204793.html

[2] https://www.spiegel.de/stil/philippe-starck-a-i-chair-diesen-stuhl-hat-ein-computer-entworfen-a-ec315534-6a68-4c89-8467-78a7c4a096c4

[3] https://www.wuv.de/marketing/ferrero_bringt_nutella_unikate_nach_deutschland

Eine ähnliche Kampagne führte der Coco-Cola-Konzern in Israel durch:

https://www.gim-radar.de/computergeneriertes-verpackungs-design-von-coca-cola/

[4] https://www.lto.de//recht/zukunft-digitales/l/ki-kunst-urheber-computer-maschine/

[5] vgl. § 2 Abs. 1 DesignG bzw. Art. 4 GGV