Designer sind manchmal merkwürdig: Laut Umfragen sind sie zum weit überwiegenden Teil mit ihren Auftraggebern und den Aufträgen zufrieden. Nicht jedoch mit den damit erzielten Einkünften. Es ist schon kurios, mit einer Erwerbsarbeit zufrieden zu sein, die kein Auskommen bietet. Es geht im Folgenden nicht darum, in die Diskussion über die Zahlungsbereitschaft von Kunden einzusteigen, sondern auf Gefahren hinzuweisen, die ein zu billiges Arbeiten birgt.
Natürlich ist es so, dass nicht jeder Auftrag für seine Kunden gute Erträge bringt, es wird immer mal Abstriche geben, zum Beispiel weil ein Auftrag so interessant ist, dass er mehr Kapazitäten beansprucht. Oder weil er nicht sorgsam genug kalkuliert und verhandelt wurde. Oder weil die Vergütung schon vor der Angebotsabgabe vom Designer selbst heruntergerechnet wurde. Das kann immer mal wieder geschehen, nur darf es nicht zur Regel werden, dauerhaft unter seinem wirtschaftlich gebotenen Mindeststundensatz zu bleiben.
Die größte daraus entstehende Gefahr ist, schleichend in die Verlustzone zu geraten, sodass das Büro in Gefahr gerät oder nicht genügend zum Leben übrigbleibt. Selbst wenn dieser Punkt noch nicht erreicht ist: Das Gegenteil von Ertrag ist unerträglich. Denn ein nicht ausreichender Lebensstandard macht gerade dann unzufrieden, wenn die eigene Designleistung sehr gut ist.
Wir alle haben unseren Beruf gelernt, weil wir sinnvolle und schöne Dinge schaffen wollten, denn bei uns Designern ist das Werk unmittelbar mit unserer Persönlichkeit verknüpft. Ein großer Teil unseres Belohnungssystems ist daher für das Lob von Kunden und Kollegen empfänglich. Aber auch eine angemessene Vergütung gehört als Anerkennung dazu. Stimmt sie nicht und werden wir deshalb mit unserer Grundsituation unzufrieden, werden wir irgendwann beginnen, weniger gut zu arbeiten. Aber genau das widerspricht unserem Streben nach einer guten Leistung – wir werden noch unzufriedener, und eine in unseren Arbeiten sichtbare Abwärtsspirale kommt in Gang.
Natürlich weiß ein Kunde, zumindest spürt er es, dass er für wenig Geld keine herausragende Leistung erwarten kann. Dem englischen Sozialreformer John Ruskin (1819–1900) wird das folgende, sehr wahre Zitat zugeschrieben:
„Es gibt kaum etwas auf dieser Welt, das nicht irgend jemand ein wenig schlechter machen kann und etwas billiger verkaufen könnte, und die Menschen, die sich nur am Preis orientieren, werden die gerechte Beute solcher Machenschaften.
Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.
Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, für wenig Geld viel Wert zu erhalten. Nehmen Sie das niedrigste Angebot an, müssen Sie für das Risiko, das Sie eingehen, etwas hinzurechnen. Und wenn Sie das tun, dann haben Sie auch genug Geld, um für etwas Besseres zu bezahlen.“
Billige Kunden sind unwillig und unbillig
Den Zusammenhang von Preis und Wert haben wir schon beschrieben, stimmt deren Relation aus Sicht des Kunden nicht, wird er ebenfalls unzufrieden. Der Kunde spürt, dass er nicht erhält, was er eigentlich erhalten möchte, nämlich ein hochwertiges oder wirkungsvolles Design. Das kann er auch nicht (s.o.), im schlimmsten Fall sieht die Gestaltung so aus, wie sie vergütet wird. Die Zusammenarbeit mit einem bewusst »preissensiblen« Kunden gestaltet sich deshalb mitunter schwierig, auch weil er weitere Entwürfe und Korrekturrunden verlangen wird oder sich oft nicht für ein Layout entscheiden kann.
Zudem sind Preisdrücker wechselhaft, denn sind sie mit ihrem Designer unzufrieden oder möchte dieser die Preise anheben, schauen sie sich oft und rasch nach einem anderen Designbüro um, das natürlich wiederum billig sein soll.
Nun ist Preisdrückerei nicht allein auf Kaufleute beschränkt, bei denen das Senken von Ausgaben ein erklärtes Ziel mit Selbstzweck ist. Oft ist es auch die geschäftliche Kundensituation, die zu scharfer Kalkulation führt, so achten etwa Existenzgründer auf jeden Cent. Gleiches gilt für Branchen, die unter Preisdruck geraten sind und für Designer generell wirtschaftlich wenig einträglich sind, zum Beispiel das Verlagswesen. Sie üben auf Designer zwar einen großen Reiz aus, sollten aber eigentlich eher ein Anreiz zum Akquirieren solventerer Kunden sein.
Sind wichtige Bestandskunden erst an niedrige Preise gewöhnt, ist es schwierig, sie nachträglich zu anzuheben. Das kommt zum Beispiel vor, wenn Designer »Einstandspreise« geben und dann merken, dass diese zum Dauerzustand werden und wirtschaftlich nicht tragfähig sind. Hier ist die Argumentation über die eigenen Kosten oder den Zeitaufwand nur selten zielführend, auch wenn sie richtig ist.
Auseinandersetzung mit billigen Kollegen
Schauen wir uns die andere Seite an, wenn gestandene Designer mit sehr niedrigen Preisen ihrer Mitbewerber konfrontiert werden. Liegen sie unterhalb des wirtschaftlich gebotenen Mindeststundensatzes, hilft nur ein Ablehnen des Auftrags oder eine Argumentation über den höheren Wert der eigenen Leistung. Zumal es oft die weniger erfolgreichen oder in komplexen Aufträgen weniger erfahrenen Designer sind, die ihre Preise senken müssen. Natürlich können diese auch etwas Augenfälliges gestalten, aber ein erfahrener Designer bietet erheblich mehr als hübsche Einzelstücke, nämlich das Wissen vom Zusammenwirken von Designobjekten oder die Kenntnisse von Märkten und Zielgruppen.
Die Argumentation könnte folgenden Tenor haben: »Unternehmerisch gesehen geht es doch nicht darum, etwas Hübsches zu erwerben, sondern darum, Ihren Kunden dauerhaft und wirkungsvoll Ihre Leistungen darzustellen. Also um individuelles Design, das auf Ihre Maßgaben und Bedürfnisse sowie die Ihrer Zielgruppe hin gestaltet ist. Dazu bedarf es meines fachlichen Knowhows und meiner Erfahrung. Der wirtschaftliche Nutzen wird dadurch für Sie deutlich höher – Ihre Investition lohnender.«
Bei Verweis eines Kunden auf »preisgünstige Internetservices« kann ein Hinweis auf deren Schwachstellen helfen, nämlich keinen dauerhaften Service durch die gleiche Person und keine professionelle Betreuung vor Ort bieten zu können. Zum Beispiel: »Sie haben durch meine professionelle Arbeit Vorteile, die Sie nur durch unsere direkte Zusammenarbeit erhalten können – und die Ihnen weder das Internet, noch ein sehr preiswerter, aber wenig Versierter bieten können«. Oder: »Als professioneller Gestalter kann ich schnell und ohne viel Nachfragen auf Ihre Wünsche und Termine eingehen, da ich auf Sie eingestellt und in Ihre Thematik eingearbeitet bin. Über einen Internetservice ist das kaum möglich, zumal sie kaum direkten Kontakt mit einem eigenen, konstanten Ansprechpartner bekommen werden«.
Andreas Maxbauer