Der Kostenvoranschlag des Designers
Die Unkenntnis über die rechtliche Bedeutung und Auswirkung eines abgegebenen Kostenanschlages führt oftmals zu Schwierigkeiten mit dem Auftraggeber.
Unser Beispiel: Ein Designer erhält von einer Herstellerfirma den Auftrag zur Gestaltung und Herstellung einer Jubiläums-Broschüre. Auf Veranlassung der Auftraggeberin legt der Designer eine Kostenschätzung der einzelnen Leistungspositionen mit einem Gesamtbetrag von 6.500,– Euro vor. Nach Abschluss der Arbeiten erteilt der Designer eine Rechnung über 9.500,– Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Überschreitung der Kostenschätzung begründet der Designer vor allem mit dem Arbeitsaufwand, der weitaus höher als erwartet war. Er weist außerdem darauf hin, dass ihm nach dem Tarifvertrag für Design-Leistungen AGD/SDSt ein weitaus höherer Betrag zustehen würde.
Die Auftraggeberin zahlt nur den in der Kostenschätzung genannten Betrag von 6.500,– Euro. Von der Einklagung des Differenzbetrages zwischen Kostenschätzung und Rechnung (3.000,– Euro zuzügl. Mehrwertsteuer) ist aus folgenden Gründen abzuraten:
- Die Kostenschätzung stellt einen Kostenanschlag im Sinne des § 650 BGB dar. Da nur von einer Schätzung die Rede ist, handelt es sich um einen unverbindlichen Kostenanschlag. Bei einem unverbindlichen Kostenanschlag ist eine Überschreitung der veranschlagten Honorarforderung zulässig. Jedoch muss in einem solchen Fall der Designer seinen Auftraggeber gemäß § 650 (2) BGB unverzüglich auf die drohende Überschreitung hinweisen, sobald er erkennt, dass er den Kostenanschlag nicht einhalten kann. Dies hat der Designer unterlassen. Dies schließt zwar nicht aus, dass er gleichwohl den erhöhten Rechnungsbetrag von 9.500,– Euro verlangen kann, sofern dieser Betrag der erbrachten grafischen Leistung angemessen ist. Jedoch stehen diesem Anspruch sofort Schadenersatzansprüche des Auftraggebers gegenüber, weil der Designer es unterlassen hat, dem Auftraggeber die wesentliche Überschreitung des Kostenanschlags unverzüglich mitzuteilen.
- Zu dem Anspruch auf Zahlung der Mehrwertsteuer ist folgendes zu sagen: Wird im geschäftlichen Verkehr ein Preis genannt, z.B. ein Kaufpreis oder eine Honorarforderung und wird hierbei die Mehrwertsteuer nicht erwähnt, so kann nach herrschender Auffassung die Mehrwertsteuer nicht zusätzlich zu dem genannten Preis gefordert werden. In dem geschilderten Fall war nur eine Forderung von 6.500,– Euro genannt. Dem Designer ist es daher verwehrt, zusätzlich die Mehrwertsteuer zu verlangen. Der Fall wäre anders zu beurteilen, wenn der Designer in der Kostenschätzung einen Betrag von 6.500,– Euro zuzüglich Mehrwertsteuer genannt hätte.
Kundenaufträge unbedingt bestätigen!
Immer wieder ist festzustellen, dass Designer sich »die Hacken« für einen Auftraggeber abrennen, ohne im Besitz eines verbrieften Auftrages zu sein.
Unser Beispiel: Eine Firma wendet sich an einen Designer und bittet ihn um Gestaltung eines Werbeprospektes. Der Designer fertigt für die Firma mehrere Entwürfe. Zur Vorlage und Diskussion der Entwürfe fährt er jeweils auf seine Kosten zu der an einem anderen Ort ansässigen Firma. Alles zieht sich über Monate hin.
Eines Tages beantwortet die Firma seine Briefe nicht mehr. Bei Anrufen lässt sich der Chef verleugnen. Als der Designer seine Vergütung einklagt, lässt die Firma durch ihren Anwalt vorbringen, dass ihm niemals ein Auftrag erteilt worden sei. Die vorgelegten Entwürfe hätten nicht zugesagt.
Dieser Fall kann beliebig variiert werden. Alle Fälle lassen sich jeweils auf einen Grundtatbestand zurückführen, nämlich, dass der Designer nicht im Besitz eines Schriftstückes ist, anhand dessen die Auftragserteilung zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden kann. In der Mehrzahl der Fälle hat der Designer es jedoch in der Hand, selber für die erforderlichen Vertragsdokumente zu sorgen. Er muss nur eine getroffene Vereinbarung schriftlich bestätigen.
Dieses Bestätigungsschreiben kann wie folgt lauten: »Ich beziehe mich auf die mit Ihnen geführten Besprechungen. Wie vereinbart, werde ich für Sie eine Imagebroschüre entwerfen«. Dies ist die einfachste Form eines Bestätigungsschreibens. Selbstverständlich kann die getroffene Vereinbarung konkretisiert werden. Ist eine Vergütung vereinbart, so empfiehlt es sich, dieses in das Bestätigungsschreiben einzubeziehen. Entscheidend kommt es darauf an, dass eine mündlich getroffene Vereinbarung sich aus dem Schreiben ergibt. Auf der Rückseite des Bestätigungsschreibens sind die Allgemeinen Vertragsgrundlagen der AGD abzudrucken. In einer Fußnote des Bestätigungsschreibens sollte auf die rückseitigen Vertragsgrundlagen etwa wie folgt hingewiesen werden: »Für meine Arbeiten gelten die umseitig abgedruckten Allgemeinen Vertragsgrundlagen der Allianz deutscher Designer AGD«.
Weniger beweiskräftig als Bestätigungsschreiben sind Auftragsbestätigungen. Der Unterschied liegt darin, dass ein Bestätigungsschreiben eine bereits getroffene Vereinbarung bestätigt. Bei einer Auftragsbestätigung liegt hingegen noch kein Vertragsschluss vor. Sie bestätigt lediglich einen bereits erteilten Auftrag. Rechtlich stellt die Auftragsbestätigung die Annahme eines Vertragsangebotes dar.
Zwecks Vermeidung der angedeuteten Komplikationen empfiehlt es sich daher, nicht einen Auftrag, sondern eine bereits mündlich getroffene Vereinbarung zu bestätigen. Einem derartigen Bestätigungsschreiben muss der Auftraggeber binnen weniger Tage widersprechen, sonst begründet dieses Schreiben die feste Vermutung, dass der bestätigte Vertrag auch zustandegekommen ist.
§ 650. [Kostenanschlag]
(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrundegelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grunde kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.
Friedrich W. Siebeke