Klassischerweise meint der Spruch, dass wir das Potenzial einer angestrebten Partnerschaft oder gar Ehe überprüfen sollen, bevor wir sie eingehen und früher oder später drohen zu bereuen. Hier jedoch ist es das Plädoyer dafür, bestehende Kundenbeziehungen regelmäßig und systematisch zu beobachten, zu überprüfen, zu pflegen und als wichtigen Quell für die Suche nach neuen Kunden zu verstehen und zu nutzen.
Maßgeschneidert und nicht von der Stange
Warum ist die Pflege der bestehenden Kunden so wichtig? Weil sie für Designer effektiv und effizient ist. Verkaufen wir standardisierte Produkte für viele potentielle Abnehmer, regeln wir den nötigen Umsatz über die hohe Zahl an abgesetzten Gütern für eine zwar vorher eingegrenzte Zielgruppe, die letztlich dennoch anonym bleibt für uns.
Anders ist es, wenn wir Designleistungen erbringen. Arbeiten wir für einen Auftraggeber, sind unsere Leistungen in der Regel auf diesen zugeschnitten und können nicht zwingend anderweitig (zweit)verwertet werden. Ausnahmen gibt es, aber sie sind bekanntlich dazu da, die Regel zu bestätigen. Das heißt, wir haben es mit sogenannten Individualleistungen zu tun, denen es zu eigen ist, dass der Designer zu Beginn viel in einen Auftraggeber investiert, um diesen und seine Bedürfnisse kennen zu lernen. Praktisch wie beim Maßschneider, der Maße nimmt, die richtigen Wohlfühl-Stoffe heraussucht und die passenden Farben findet.
… hält länger,
Wenn der Maßschneider seine Arbeit gut gemacht hat, werden wir das gefertigte Kleidungsstück wahrscheinlich länger tragen als anderes, das wir in Geschäften erworben haben. Der Schneider seinerseits wird sich darum bemühen, dass wir wiederkommen, denn jetzt verfügt er bereits über wesentliche Daten über uns: unsere Körpermaße, welche Stoffe sich gut anfühlen, welche Farben zu uns passen. Muss er nicht noch einmal herausfinden, wenn wir das nächste Mal etwas beauftragen (sofern wir in der Zwischenzeit nicht signifikant zugenommen haben;).
ist effizienter,
Aus den gleichen Gründen ist es für Designer elementar, ihre Kunden an sich zu binden … damit sich die anfängliche Investition, den Auftraggeber richtig kennen zu lernen, am Ende wirklich auszahlt. Selbstverständlich können wir uns die dafür benötigte Zeit wenigstens zum Teil vergüten lassen – um so besser. Wirtschaftlich richtig interessant wird es jedoch erst, wenn wir für einen längeren Zeitraum und bei mehreren Projekten mit einem Kunden zusammenarbeiten.
braucht Beziehungsarbeit … wie im richtigen Leben.
Und dies in zweifacher Hinsicht; zum einen mit Blick auf die Beziehung zum einzelnen Kunden. Zum anderen, und das ist dann vielleicht doch etwas anders als im richtigen Leben, mit Blick darauf, was ich daraus lernen kann für die Gewinnung und Bindung neuer Kunden. Zunächst aber zur Beziehungsarbeit mit dem bestehenden Kunden.
Typische Ziele, die wir damit verfolgen, sind:
- Abwanderungsquote profitabler Kunden reduzieren
- Anteil der nicht profitablen Kunden verringern
- Vertriebskosten senken
- Beschwerdequoten reduzieren
- Weiterempfehlungen durch Kunden intensivieren
Darüber freuen sich profitable Kunden
Cross Selling, Up Selling, More Selling
Ihr kennt das: „Kunden, die das gekauft haben, was Sie da gerade in Ihren virtuellen Einkaufswagen gelegt haben, haben das, das, das und das dazu gepackt.“ Im Marketing-Sprech nennen wir das Cross Selling, Up Selling und/oder More Selling. In jedem Fall geht es darum, Potenziale für weitere Designprojekte zu identifizieren und die passenden Angebote dafür zu unterbreiten. Wichtig ist hierbei, dass es um die Befriedigung tatsächlich existierender Bedürfnisse geht und unser Kunde auswählen kann zwischen unterschiedlichen Optionen. Voraussetzung für das Gelingen ist die aufmerksame Beobachtung des Kunden und seines Umfeldes. Wie will sich der Kunde weiterentwickeln? Welche Unternehmensziele verfolgt er? Wie entwickelt sich seine Branche, sein Marktumfeld? Wie kann ich mit meinen Designleistungen dabei unterstützen? (Müsste der Schneider im Zweifelsfall auch tun, falls wir doch zunehmen;)
Feedback, Analyse und Auswertung von Projekten
Unabhängig davon, wie ein Kundenprojekt aus eigener Sicht gefühlt gelaufen ist, muss es spätestens nach Abschluss ausgewertet werden, um daraus Schlüsse für das weitere Handeln zu ziehen. Nichts spricht dafür, dies nicht zusammen mit dem Kunden zu machen bzw. seine Einschätzung direkt einzuholen. Damit bringt man ihm Wertschätzung entgegen, die er gern hat, und lernt im besten Fall noch etwas daraus, bestenfalls, dass man es auf jeden Fall wieder genau so tun sollte, schlimmstenfalls, dass man es auf keinen Fall wieder genau so tun sollte. Liegt tatsächlich so etwas wie eine Beschwerde des Kunden vor, ist ihr selbstverständlich abzuhelfen. Darüber hinaus ist abzuwägen, welche Möglichkeiten der Kompensation realistisch bestehen, um den Kunden nicht zu verlieren. Ist eine bestimmte kritische Masse an Beschwerden eingegangen, sollte sie auf Wiederholungen, Gesetzmäßigkeiten, Korrelationen hin überprüft werden, um so Fehlerquellen ganz systematisch zu eliminieren. Und ein Wort noch zum kommunikativen Umgang mit Beschwerden: So ein bisschen leiden wir alle an der Kritik an dem, was wir tun, und möchten uns immer erst einmal ganz schnell rechtfertigen. Im Falle der Beschwerden im Sinne einer Reklamation müssen wir, ob wir wollen oder nicht, das Gefühl der Dankbarkeit trainieren … und entsprechend beim Beschwerdeführer reagieren. Denn jede Beschwerde ist eine wertvolle Rückmeldung zu unserer Arbeit, die uns hilft, sie besser zu machen. Das ist eine freundliche Reaktion beim zehnten Mal immer noch wert.
Es gibt zahlreiche weitere Maßnahmen, die wir in den nächsten Wochen in unregelmäßiger Folge an dieser Stelle vorstellen werden. Nur auf eines sei an dieser Stelle vorsorglich hingewiesen: Es geht darum, über die Kundenbindung das eigene Geschäft profitabler zu gestalten, das schließt eine Kundenbeglückung auf Teufel komm raus und um jeden Preis bis zum Verlustgeschäft genauso aus wie den Rückzug auf „Ich bin Designer und das und nichts Anderes biete ich“.
Und so hilft das bei der Gewinnung neuer Kunden
Das Meiste von dem, was wir tun, um unsere bestehenden Kunden zu binden, hilft uns, neue zu finden. Denn es sagt alles darüber aus,
- welche Designleistungen ich besonders gut kann,
- welche Art von Kunden besonders gut zu mir passt (Konzern oder Start-Up? Bank oder Handwerk? Öffentlicher Dienst oder Stiftung?),
- wofür ich von meinen Kunden besonders geschätzt werde (weil Feedback-Gespräche geführt und Empfehlungen getriggert),
- ob ggf. eine Branche mein Schwerpunkt ist, weil ich das Umfeld meiner bestehenden Kunden entsprechend intensiv untersucht habe,
- welche Kommunikationskanäle bei mir gut funktionieren,
- welche Touchpoints gut zu mir passen,
- wie ich mich demnach am erfolgreichsten positionieren kann, um die Kunden zu gewinnen, die am besten zu mir passen.
Wenig überraschend ist die Aufzählung nicht erschöpfend, aber immerhin sieben auf einen Streich wie beim tapferen Schneider. Und sie macht deutlich, dass es sich lohnt, die bestehenden Kundenbeziehungen systematisch zu analysieren, um daraus Schlüsse für die Akquise neuer Kunden zu ziehen.